Cardano als klimaneutrale Blockchain?

Ausgangsposition

Die explodierenden Kurse von Bitcoin sorgen dafür, dass das Bitcoin-Mining attraktiver wird und der Stromverbrauch steigt. Seit Anfang Oktober 2020 hat sich der Stromverbrauch dafür fast verdoppelt, auf 92,8 Terrawatt pro Jahr. Das entspricht dem Stromverbrauch von Belgien oder den Niederlanden oder fast 20% des Stromverbrauchs in Deutschland. Ein Großteil der Energie wird in China produziert, vor allem in klimaschädlichen Kohlekraftwerken. Tendenz weiter steigend. Anfang 2021 lag der Stromverbrauch bereits bei 121 Terrawatt/Jahr. Bei einem Bitcoin-Preis von 100.000 US-$ werden voraussichtlich 2% der weltweiten Energieproduktion für das Bitcoin-Mining aufgewendet, weil dieser hohe Preis mehr Miner anzieht, gleichzeitig aber viele Miner mehr Rechenleistung benötigen. Das ist ökologischer Irrsinn. Das Cardano ADA PoS (Proof of stake) Konzept ist anders. Es müssen keine Blöcke mit komplexen Rechenoperationen und Serverfarmen gelöst werden. Ein einfacher Computer eignet sich bereits für einen Knoten im Netzwerk, ein winziger Bruchteil des Stromverbrauchs von Bitcoin also.

Da der Grundenergiebedarf bei Cardano bereits deutlich geringer ist als bei Bitcoin oder Ethereum, ist es ein realistisches Ziel, aus Cardano die erste klimaneutrale Blockchain zu machen. Die Erreichung dieses Ziels würde die Attraktivität von Cardano erhöhen und ein weiteres Alleinstellungsmerkmal hinzufügen, das Cardano als fortschrittliches Blockchain 3.0-Projekt von anderen Crypto-Projekten unterscheiden würde.

Eine klimaneutrale Blockchain kann durch folgende Schritte erreicht werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

  1. Die Unternehmensstruktur, die die Cardano Blockchain entwickelt und technologisch zur Verfügung stellt, sollte ihren Strombedarf aus erneuerbaren Energien decken.
  2. Die dezentrale Infrastruktur aus inzwischen rund 2.100 Stakepools sollte auf erneuerbare Energien setzen.
  3. Sofern 1. und 2. nicht vollständig möglich ist, können Kompensationsmaßnahmen (z.B. finanzielle Unterstützung des Ausbaus erneuerbarer Energien, Aufforstungsmaßnahmen o.ä.) aus Mitteln der Community die Bilanzlücke schließen.

Zur Deckung des Strombedarfs bei IOHK und deren Rechenzentren liegen mir keine Informationen vor.  Dieses Ziel wäre aber grundsätzlich leicht umsetzbar, da es hierzu nur zentraler Entscheidungen der Unternehmensführung bedarf.

Die Umfrage

Zu den dezentralen Stakepools haben wir auf Twitter eine Umfrage an die Stakepool-Operatoren veröffentlicht, außerdem Aufrufe zur Beteiligung in den Telegram Kanälen und auf Reddit gestartet. Für statistisch relevante Aussagen hätten wir eine Beteiligung von rd. 300 Pools benötigt. Leider haben nur 71 Pools teilgenommen. Das Ergebnis war wie folgt:

Zunächst waren wir positiv überrascht, dass rund 44 % der Teilnehmer angaben, dass sie 100% auf erneuerbare Energien setzen. Wir gehen aber davon aus, dass dieser Anteil zu optimistisch geschätzt ist, da sich die Follower unseres auf Klimaschutz spezialisierten Pools möglicherweise besonders für diese Thematik interessieren und sich daher Pools mit ähnlicher Einstellung überproportional beteiligt haben. Wenn wir von einem realistischeren Verhältnis von 1:2 ausgehen, würden aktuell rund 700 Pools mit 100% erneuerbaren Energien betrieben werden, rund 1.400 Pools aus konventionellem Strommix (wobei auch in diesem bereits ein Anteil an erneuerbaren Energien enthalten ist).

Cardano: überschlägige Berechnung

Wenn wir überschlägig davon ausgehen, dass ein moderner Mehrkern PC, der zum Betrieb der Blockchain ausreichend ist,  eine Leistungsaufnahme von rund 150 Watt besitzt und jeder Pool über einen Blockproducer Node und 2 unabhängige Relays verfügt, ergibt sich pro Pool ein Strombedarf von 450 Wh. Dieser Stromverbrauch lässt sich durch Nutzung von Synergien bei  zentralen Server-Infrastrukturen, Cloud-Server etc. um rund 30% senken, so dass wir überschlägig pro Pool von 315 Wh ausgehen können.

Unter dieser Annahme können wir eine überschlägige Rechnung zum Strombedarf, resultierenden CO2-Emissionen und notwendigen Kompensationsmaßnahmen für die Cardano Blockchain auf Stakepool-Ebene durchführen. Diese Rechnung hat keinen Anspruch auf sehr hohe Genauigkeit, kann aber helfen, die grundsätzliche Tendenz zu erkennen und hilfreiche Maßnahmen abzuleiten.

Das entspricht pro Pool ca. 2.760 kWh/a (also dem Stromverbrauch eines 2-Personen-Haushalts in Deutschland). Bei 1.400 Pools entspricht das ~3.863.000 kWh/a, umgerechnet also dem Stromverbrauch von rund 3.000 Einwohnern.

Um zu ermitteln, welche CO2-Emissionen daraus resultieren, müsste bekannt sein, in welchen Ländern die Server stehen und wie der dortige Strommix zusammengesetzt ist. Näherungsweise gehen wir von 0,6 kg/kWh CO2-Emissionen aus (in Deutschland sind es aktuell rund 0,4 kg/kWh) und kommen zu einer abgeschätzten CO2-Emission von rund 2.320 t CO2 pro Jahr. Um diese Menge zu kompensieren, müsste z.B. bei Atmosfair (https://www.atmosfair.de/de/kompensieren/wunschmenge/) ein Betrag von rund 53.300 € pro Jahr gezahlt werden. Der Kompensationsaufwand liegt nach verschiedenen Angaben bei rund 22 – 23 € pro Tonne CO2. Pro Pool, der mit konventioneller Energie betrieben wird, entspricht dies einem Betrag von weniger als 40 € pro Jahr für Kompensationsmaßnahmen. Ein überschaubarer Aufwand also, um aus der Cardano Blockchain die erste klimaneutrale Blockchain zu machen!

Konsequenzen

Unser Stakepool CO2POOL [CO2P] hat daher eine Initiative gegründet, die sich genau dies zum Ziel gesetzt hat. In der Portfolio-Liste von Adafolio.com haben wir die Cardano „Climate Neutral Blockchain Group“ (CNBG) gegründet. Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste ist:

  1. Betrieb der eigenen Server mit 100% erneuerbaren Energien
  2. Spenden von mind. 30 % der Pool-Gebühren (Margin) für Klimaschutzmaßnahmen

Momentan befindet sich neben uns nur noch ein weiterer Pool in der Liste, wir hoffen aber, dass weitere Poolbetreiber unseren Ansatz teilen und sich auf die Liste aufnehmen lassen. Die Nutzung von Atomkraft lehnen wir im übrigen ab, weil dies keine Technologie ist, die Probleme löst, sondern neue schafft. Manche Pool Betreiber, die mit Klimaschutz werben, sehen das anders, daher lohnt es sich, genau nachzufragen.

Aktuell hat unser Pool – nicht zuletzt durch die Delegation von IOHK, die leider auf 3 Monate begrenzt ist und Ende April ausläuft- einen Active Stake von 6,8 Mio. ADA und aktuell nur 25 Delegatoren. Damit gelingt es uns bereits, regelmäßig Blöcke zu produzieren und pro Quartal rund 500 € aus unseren Pooleinahmen für den Klimaschutz zu spenden (aktuelle Quote: 50 % der Pool Margin). Die nächste Spende ist für Ende März vorgesehen. Unsere Delegatoren erhalten – wie bei allen anderen Pools auch – Rewards in Höhe von rund 5 – 6% jährlich. Die Aktivität für den Klimaschutz geht also nicht zu Lasten der Delegatoren.

Wenn nur 10 – 20 Pools unserem Beispiel folgen und in vergleichbarer Höhe für den Klimaschutz spenden, dann kann die klimaneutrale Cardano Blockchain bald Realität sein. Und umso mehr, je mehr Poolbetreiber von vornherein auf 100% erneuerbare Energie zum Betrieb der Pool-Infrastruktur setzen. Dazu bedarf es aber auch einer Abstimmung mit den Füßen der ADA-Delegatoren. Wenn Delegatoren explizit Pools mit ihrer ADA-Delegation unterstützen, die mit erneuerbarer Energie, ohne Kohle- und Atomstrom, laufen und /oder Klimaschutzmaßnahmen fördern, dann können wir gemeinsam vieles erreichen. Im Zweifel fragt den Betreiber Eures Stakepools, wie er über diese Fragen denkt.

Gemeinsam können wir das Ziel einer klimaneutralen Cardano-Blockchain erreichen und der Blockchain-Technologie zu steigender Akzeptanz verhelfen.

Stefan Rehfus, 15.03.2021, CO2POOL (CO2P, https://co2pool.com), korrigiert/ergänzt am 04.04.2021

Quellen:

https://www.wiwo.de/technologie/digitale-welt/infografik-wie-viel-strom-der-bitcoin-aktuell-verbraucht/25241360.html

https://www.dw.com/de/energie-stromverbrauch-bitcoin-mining/a-56589030

https://www.manager-magazin.de/finanzen/bitcoin-kryptowaehrung-auf-rekordhoch-kursziel-1-million-us-dollar-durch-stromverbrauch-unwahrscheinlich-a-06c16bc4-c818-4018-ba08-14ac452af835

https://www.pc-magazin.de/ratgeber/stromverbrauch-86543.html

https://aws.amazon.com/de/about-aws/sustainability/

https://www.co2online.de/energie-sparen/strom-sparen/strom-sparen-stromspartipps/stromverbrauch-im-haushalt/

https://www.umweltbundesamt.de/themen/luft/emissionen-von-luftschadstoffen/spezifische-emissionsfaktoren-fuer-den-deutschen

https://www.atmosfair.de/de/kompensieren/wunschmenge/

https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/co2-kompensation-22-euro-pro-tonne-co2/24278026.html

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